Freut euch ihr Christen, der Heiland ist uns entflohen

Angesichts des ganzen episkopalen Wortgerausches um eine recht überschaubare Dresdner Demonstration möchte ich auf diesen lesenswerten Beitrag des Blogs „Demut jetzt!“ hinweisen,hier klicken, bevor ich noch ein paar eigene Gedanken zur wundersamen adventlichen und weihnachtlichen Unformung Christi zum Flüchtling loswerden will.

Fest steht: Jesus war zum Zeitpunkt seiner Geburt definitiv kein Flüchtling. Wenn man denn schon meint, unseren Erlöser unbedingt für den tagespolitischen Betrieb heranziehen zu müssen -ohnehin eine ungute Sitte, imho- sollte man das doch wenigstens in dem Fall bitteschön dann tun, wo wenigstens noch ein liturgischer Anknüpfungspunkt dafür besteht, und der wäre zu Epiphanie, nicht zu Weihnachten.
Josef und Maria jedenfalls waren keineswegs Fremde in Betlehem, sie weilten dort zur Volkszählung, eben weil Josef dort geboren wurde. Weiter sagt die Bibel, daß die Herbergen am Wege ausgebucht waren, nicht daß das Paar wegen irgendwelcher ethnischer Merkmale abgewiesen wurde. Und arm war Josef auch nicht – im damals üblichen Wortsinne schon gleich gar nicht- er war Zimmermann, ein auch damals ehrenwerter Beruf, und es ist gewiß, daß er, das Urbild dienender familiärer Fürsorglichkeit, auch den finanziellen Pflichten zuverlässig nachkam. Wie kann eigentlich auf die Idee kommen, Gott habe einen unzuverlässigen oder untüchtigen Hallodri als Beschützer seines Sohnes und der Gottesmutter erwählt, der sie quasi halbverhungert in Lumpen rumlaufen ließ?
Daß Jesus im Stall geboren wurde, war Gottes Wille. In der Lesart mancher Geistlicher und Theologen wird ein Skandal daraus gemacht, so als hätten dünkelhafte saturierte Bürger der hochschwangeren Maria den Zugang zum Hilton oder zur Charitéklinik verweigert, weil sie sich keine Krankenversicherung leisten konnte. Was für ein Mumpitz!

Wenden wir uns der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten zu: nachdem die drei Magoi aus Bethlehem abreisten, warnte ein Engel Josef vor dem blutrünstigen Trachten des Herodes. Er hieß ihn, mit Maria und Jesus sofort nach Ägypten aufzubrechen. Nicht, weil das ein „sicheres Drittland“ war oder dergleichen, sondern deshalb:

Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ (Mt 2,14-15)

Spätestens damit, Engel und Auftrag, taugt diese Geschichte nicht mehr zur Allegorie auf irgendeines der Abermillionen Flüchtlingsschicksale im Laufe der Menschheitsgeschichte, sondern Übernatur und Prophezeiung erfüllen sich nun in der Welt. Und nirgends wird berichtet, daß die heilige Familie in den zwei Jahren materielle Not, Anfeindungen oder behördliche Drangsal erlitt. Ägypten stand wie Israel auch unter römischer Verwaltung, verschiedenste Ethien lebten hier wie da zusammen, und abgesehen von der Arbeitskraft Josefs hatte die Famile ja noch das sicher üppige Goldgeschenk der Magoi.

Josef folgte wie Maria dem „mir geschehe nach Deinem Wort“, folgten Gott bedingungslos und wußten sicher auch, daß sie zum Größten je erwählt waren, und wer ihnen anvertraut war. Und sollte es große Opfer gekostet haben, sie warteten, bis sie der Engel zurückkehren hieß:

Als aber Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum in Ägypten und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und zieh hin in das Land Israel; sie sind gestorben, die dem Kindlein nach dem Leben getrachtet haben.
Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich und kam in das Land Israel.Als er aber hörte, daß Archelaus in Judäa König war anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Und im Traum empfing er Befehl von Gott und zog ins galiläische Land
und kam und wohnte in einer Stadt mit Namen Nazareth, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch die Propheten: Er soll Nazoräer heißen. (Mt2, 19-23)

Formal gesehen sicher eine Flucht, mit äußerem Anlaß und eine Rückkehr, als der Anlaß wegfällt. Und dennoch: es geht bei beidem vor allem um die Erfüllung der Schrift, Gott hätte der Familie auch leicht ein sicheres Versteck in Israel zuweisen oder Herodes unschädlich machen können.

Jedenfalls erscheint es mir in fast jeder Beziehung unbotmäßig, diesen Abschnitt des einzigartigen einmaligen Heilsgeschehens der Inkarnation des Erlösers als gleichnishafte Parabel für das massenhafte Elend heutiger Flüchtlingsströme zu vereinnahmen, denn die entstehen meist durch menschliche Grausamkeiten in der Heimat der Vertriebenen.

Es ist mir unbegreiflich, an Weihnachten zu verbreiten „Jesus war ein Flüchtling“ anstatt „Unserer Retter ist geboren!“. Unser einziger Retter. Und kommender Richter. Ich gestatte mir die küchenpsychologische Anwandlung, daß der Verdacht nicht ganz fern liegt bei solchen Klerikern, daß ihnen die Ros im Wortsinn entsprungen ist, und sie den Herrn der Herrlichkeit ihnen tatsächlich fliehen sehen.

Ja, es ist richtig, sein Herz nicht zu verschließen und sich um das Leid der Vertriebenen zu kümmern, worüber es aber durchaus sehr unterschiedliche Standpunkte geben darf, aber Weihnachten bleibt für mich dennoch das was es ist und immer war. Die Freude über das Gnadengeschenkes der Errettung durch den, der allein Weg und Wahrheit ist und die Verheißung ewiger Heimat. Daraus lasse ich mich nicht vertreiben.

Pia desideria: nächstes Mal vielleicht eine Nummer kleiner und angemessener, werte Bischöfe und Priester, und erspart es mir bitte, das fünfte Geheimnis des freudenreichen Rosenkranzes demnächst zum Event des jugendlichen Ausreißers umzudichten oder so was. Und die regelmäßige Lektüre des Johannesprologs wäre wohl nicht verkehrt.
Aber pax et bonum! Gesegnete Weihnachten, Ehre sei Gott in der Höhe!

Über clamormeus

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7 Antworten zu Freut euch ihr Christen, der Heiland ist uns entflohen

  1. Clara Franz schreibt:

    Ein äusserst notwendiger Beitrag zur PEGIDA-Debatte, dem ich weitere Verbreitung wünsche.
    Einen „guten Rutsch“ ins – und den Segen Gottes für´s neue Jahr!
    Ersteres bitte nicht allzu wörtlich nehmen!

    • clamormeus schreibt:

      Vielen Dank, ist Ihnen auch herzlich gewünscht!
      „Pegida“- Debatte war nur auslösend hierfür, die interessiert mich nur marginal. Der Duktus vieler Bischöfe zu diesem Fest -zwangsläufig- doch schon eher

  2. Eugenie Roth schreibt:

    Josef war arm, denn er musste im Tempel zur „Auslösung“ des Erstgeborenen das Opfer der Armen bringen: Ein Paar Turteltauben oder ein paar junge Tauben.
    Der Aufenthalt in Bethlehem war der Volkszählung geschuldet, aber die Heilige Familie floh vor den Schergen des Herodes nach Ägypten, nur hatte Gott das dem Bibelschreiber schon Jahre zuvor zur Niederschrift befohlen.

    • clamormeus schreibt:

      Also meine Quellen besagen, daß sich die allermeisten kein Viehopfer leisten konnten damals, materiell reich waren nur wenige; das heißt aber nicht, daß die anderen arm waren. Als arm galten früher die, die für ihren Lebensunterhalt nicht sorgen konnten, und um die sich auch niemand anderweitig kümmerte, sei es aus Krankheit oder anderen Gründen.
      Was ich meinte ist, daß das auf Josef nicht zutrifft.

      Wie meinen Sie das mit der Niederschrift? Habe ich jetzt nicht wirklich verstanden. Geht es um das AT oder das NT?

  3. Martin schreibt:

    Über die materielle Situation der Famlie „Josef aus dem Hause David“ sagt die Bibel nichts aus, hier ist man auf Vermutungen angewiesen. Als sicher kann aber gelten, daß Josef Besitz in Bethlehem hatte, sonst brauchte er nicht dort hin, um sich in die Steuerliste eintragen zu lassen. Im übrigen ist Armut ein dehnbarer Begriff.

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